Achtung. Achtung. Achtung.
Wir sind umgezogen!

Januar 2021

Das Büro für besondere Maßnahmen ist ab sofort erreichbar auf mojour.de

Nach und nach werden alte Beiträge – ggf. aktualisiert und überarbeitet – dorthin umziehen. Bitte folgen ... :-)

Freitag, 31. Dezember 2010

younger than ever

die zeit rast, fast ist schon mitternacht. ein heftiges jahr geht zu ende. es geht so zu ende, wie es war: heftig.

marzipanferkel. glückskeks + -klee


nach wie vor lebe ich prekär und bin auf ergänzendes arbeitslosengeld angewiesen. es war bis heute um mitternacht bewilligt. den fortzahlungsantrag hatte ich mitte november gestellt. also vor fast sieben wochen. auf den bescheid habe ich bis gestern gewartet. da lag er endlich im briefkasten.

die berechnung ist mal wieder voller dummer rechenfehler. das kenn ich schon. in den leistungsstellen der arbeitsämter und arbeitsgemeinschaften werden keine rechenkünstler eingestellt. prinzipiell nicht. aber egal. muss ich halt noch mal hinschreiben, mathenachhilfe geben in den grundrechenarten.

hauptsache erst mal, dass es überhaupt einen bescheid gibt. rechtzeitig. zweite hauptsache, dass es geld gibt. pünktlich. also erst mal alles gut, dachte ich gestern. ich möchte einmal erleben, dass mit dieser behörde alles glatt geht.

denn: nichts ist gut, merke ich heute. kein geld nicht auf dem konto eingegangen. das hätte heute da sein müssen. von rechts wegen. miete, diverse versicherungen, strom, internet und telefon – alles wird am ersten werktag nach neujahr abgebucht.

wenn aber kein geld da ist, kann auch nichts abgebucht werden. das bedeutet: gebühren für diverse rückbuchungen und mitteilungen muss ich extra zahlen. an die bank und die abbucher. mein neues jahr wird mit peinlichen telefonaten, rennerei und bettelei beginnen.

ich hätte gerade noch nicht mal genug geld, um die klitzekleine stinkbombe zu basteln, die sich das alg2-amt in sechs jahren hartz4-kokolores mehr als verdient hat. aber was erwarte ich auch in einem land, in dem gesetze nach rechtskräftig verurteilten verbrechern benannt werden?

das geld für den neujahrs-wochenendeinkauf habe ich mir wo ausgeliehen und den microkredit sofort in glück und wohlstand bringende jahreswechseldevotionalien investiert. ich hab sie alle beieinander und hoffe, dass nicht noch mehr schief geht.

rechtzeitig zum jahresende fand ich übrigens heute ein weißes haar vor dem spiegel.

nein, kein kopfhaar. das ist schon ein paar jahre her, dass ich bei der haarabschneiderin saß, nachdenklich eine der gefallenen locken vom boden auflas und genauer betrachtete. ich hielt sie der friseurin hin „ist das da ein weißes haar in der locke?!“ sie sah mich verunsichert an. womöglich hatte sie angst, ich wolle sie dafür verantwortlich machen. „ja, das ist wohl ein weißes haar“, lächelte sie schüchtern. ich grinste zurück „na, das wurde aber auch zeit!“

das haar, das ich heute fand, war ein barthaar. borstig. schneeweiß. nicht sexy. ich habe es ausgezupft und aufgehoben. das habe ich also nun mit der katze gemeinsam: ein einzelnes weißes barthaar.

es wird zeit. „you are looking younger than ever“, sagte der butler zu miss mo jour, als sie sich – wie jedes jahr zu silvester – allein an den gedeckten dinnertisch setzte.


ps.
ich wünsche euch allen ein heiteres, gelassenes, elegantes, schönes, kuscheliges, gesundes, formidabel lust- und liebevolles jahr der katze. mein motto für 2011 leihe ich mir bei alice walker:

expect nothing.
live frugally
on surprise.*

* erwarte nichts. lebe genügsam von überraschungen.


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Mittwoch, 29. Dezember 2010

fitness

leider tendiere ich in den letzten jahren zum matronenspeck. ich habe an gewicht zugelegt in einer menge und einer geschwindigkeit, die mir selbst peinlich sind. ungefähr dreißig kilo in zwölf jahren.


meterweise feministische literatur haben bei mir immerhin bewirkt, dass ich weiche rundungen bei anderen frauen sehr charmant und feminin finde – bei mir selbst aber nach wie vor unterträglich. ich mache zwar selten eine konkrete diät, bin aber ständig damit beschäftigt, irgendwie abzunehmen.

das geht schon seit dreißig jahren so mit dieser irrigen, ungesunden, sehr paradoxen und bisweilen selbstschädigenden annahme, dass ich erst dann wirklich liebenswert sei, wenn ich mich erfolgreich dünne mache.

im sommer war es mir gelungen, einen teil vom übergewicht loszulassen, gut sechs kilo waren weg. ich stelle mir das abgespeckte dann gerne in buttertürmchen vor. also in einem stapel von 250g-butter-normverpackungen. jeder butterziegel ist 35 mm hoch. macht bei sechseinhalb kilo gewichtsverlust einen turm von 3,5x4x6,5 immerhin 91 zentimetern höhe. fast ein meter! dieser fett-turm war also vorher in mir drin. jetzt nicht mehr. genial!

ich war sehr stolz und fühlte mich sehr leicht und stark und hatte ambitionen, bis ende des jahres so weiter zu machen und auf der waage zumindest mal wieder eine sieben vorne stehen zu sehen. zuerst sah es auch so aus, als ob mir das gelingen könnte.

es gelang mir jedoch nicht auf dauer, mich weiterhin ausreichend zu bewegen. irgendwann saugte ich mich in alter gewohnheit am schreibtisch fest und dockte auf nimmerwiederlösen am bürostuhl an. ende oktober kippte es, und ich nahm wieder zu. oh schreck. wie gemein! wie doof! da muss ich was machen!

mehr bewegung musste her! weil ich zwar weiß, wie das geht - mir allein aber die energie und disziplin dazu fehlen, brauchte es dringend einen impuls von außen. da kam mir eine aktion des fitnessparks in der benachbarten kurstadt gerade recht:

vier wochen nutzung aller geräte des studios inklusive sauna, teilnahme an allen kursen und einmal die woche myline-ernährungsberatung für schlappe 39 öre. versprochen wurde eine gewichtsabnahme von einem kilo pro woche. zackzack!

da bin ich hin. trotz meiner vorbehalte gegen fitness-studios: ende der neunziger jahre hatte ich mal ein jahres-abo bei diesen rückenspezialisten in berlin. damals habe ich noch alkohol konsumiert. irgendwo hatte ich gelesen, dass alkoholiker muskelschwund kriegen. mein hochintelligenter umkehrschluss: wenn ich mir ein muskelaufbautraining verordne, kann ich keine alkoholikerin sein.

es war schrecklich langweilig. ich habe viel zeit investiert und mich schlechtgelaunt durch den geräteparcour gequält, mindestens einmal die woche. kaum veränderungen gespürt – und alkoholikerin war ich dann doch. trotzdem habe ich das jahresabo abgeturnt bis zum ende.

seither sind mehr als zehn jahre vergangen, und alkohol trinke ich längst nicht mehr. ich dachte also, ein neuer versuch kann nicht schaden. vielleicht hat sich in den fitnessparks dieser welt ja auch was geändert im letzten jahrzehnt? außerdem ist hier kleinkurstadt. nicht großhauptstadt.

also vier wochen fitness von ende november bis den tag vor heiligabend. ich habe mir wirklich mühe gegeben. wie im programm empfohlen, bin ich zwei- bis dreimal mal in der woche hingefahren - auch bei eis und schnee - und habe den sogenannten milon-zirkus absolviert.

das ist ein ding! per chipkarte weiß jedes gerät, wie es sich für mich einstellen muss. ich war beeindruckt. an jeder maschine sind 15 bis zwanzig bewegungswiederholungen in nur 60 sekunden zu absolvieren. dann zack! schnell runter schnell weiter ans nächste gerät die pause dauert nur dreißig sekunden.

es gibt jeweils drei kraftmaschinen und ein ausdauergerät im wechsel, insgesamt acht maschinen stehen da im kreis, zwei runden bittesehr macht 35 minuten und schon bin ich topfit und schlank wie ein tulpe!

in der kreismitte steht eine mit wasser gefüllte glassäule, die von allen immer fest im auge behalten wird wie ein götzenbild: wenn das wasser sprudelt, arbeiten! sprudelt es nicht, schnell schnell! das gerät wechseln, die anderen warten schon!

das alles ging so rasant, dass ich gar nicht wusste, wie ich da atmen und regelmäßig luft holen soll. die schnaufenden schwitzenden leiber um mich herum hätte ich ja noch irgendwie ertragen. ganz schlimm aber fand ich, dass einige – meist ziemlich dicke männer – gerne auf ihr handtuch verzichteten und munter schweißpfützen auf die gerätesitze produzierten.

in dreißig sekunden wurden die nicht trocken. den rhythmus musste ich aber einhalten und mich trotzdem auf die nassen geräte setzen. baah, was war das eklig. ich fühlte mich nicht wohl. der unverzichtbare dudelfunk zu jeder tageszeit strapazierte meine nerven zusätzlich.

die umkleiden waren nicht besser: eng und schlecht gelüftet. es roch unsauber, nicht sehr appetitlich. einmal war so viel betrieb, dass es an der rezeption keinen einzigen schlüssel mehr gab für die ohnehin zahlreichen, winzigen metallkleiderschränke.

nach dem ollen zirkeltraining ging ich jeweils eine knappe halbe stunde aufs laufband. für die ausdauer. das klingt jetzt vielleicht seltsam, aber das war für mich noch das beste an dem programm. da konnte ich mir den mp3 ins ohr legen, die augen zumachen und einfach marschieren: mich abgeben, nicht organisieren, nicht achtgeben, ob und wer mir entgegenkommt. nicht denken und nichts checken müssen. das fand ich sehr erholsam. zumindest, solange nicht direkt neben mir so ein oberschnaufschweißversprüher zugange war.

an der sogenannten ernährungsberatung habe ich auch immerhin zwei mal teilgenommen, ziemlich unsortiertes geplauder. da ich im lauf meines lebens jede einzelne kalorie persönlich mit vornamen kennengelernt habe, hatte ich da allerdings auch nicht viel neues erwartet.

nett fand ich immerhin, dass es im studio wasser und sirups und tee und kaffee kostenlos gab, dass ich sogar eigene getränke mitbringen durfte. das habe ich schon anders erlebt. leider fand ich die atmosphäre insgesamt nicht sehr einladend, so dass ich weder an weiteren kursen teilnahm noch die sauna benutzt habe.

nach meinem programm wollte ich immer nur „nix wie weg“ da und raus an die frische luft. die strapazierte studioluft mussten wir uns mit zahlreichen adventskerzen teilen. ist das üblich?

abgenommen habe ich in dem ollen fitnespark nichts. ganz im gegenteil. kein wunder. bei so viel frust und selbstüberwindung, für mich unangenehme dinge zu unternehmen, braucht‘s mehr schokolade zum trost und schlagsahne zur belohnung.

immerhin kann ich jetzt sagen: „ich habe es versucht“. um mich weiterhin in form zu bringen, werde ich mir etwas anderes überlegen.

bis dahin gilt für alle speckröllchen:
das sind die inneren werte. die haben in einem zierlichen körper einfach keinen platz mehr.


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Sonntag, 26. Dezember 2010

sonnenstrahlen im winter

seit vielen wolkenschneenebeltagen lünkert heute zum ersten mal die sonne wieder auf meinen b-berg. also schnell raus aus der hütte! sind das nun große oder kleine sonnenstrahlen, die mich in der nase kitzeln?


im vergangenen herbst habe ich euch die geschichte von den sonnenstrahlenkindern erzählt, die im sommer in den weinbeeren schlafen.

wo die sonnenstrahlenkinder im winter schlafen, wurde ich gefragt? wenn gar keine weinbeeren mehr an den reben sind? und auch kein anderes obst in den gärten reift?

ich habe es ganz lange selbst nicht gewusst: im herbst wurden alle weinbeeren abgeerntet, und plötzlich waren alle sonnenstrahlenkinder verschwunden. ich habe keines mehr gesehen. nirgendwo! erst heute, am zweiten weihnachtstag, bin ich darauf gekommen:

ich bin ihnen wieder begegnet, den sonnenstrahlenkindern. in den weinbergen, wo sie sich um die kahlen kalten winzerdrähte gekringelt haben und von einem zum anderen gehüpft sind! im winter bleiben die sonnenstrahlenkinder die meiste zeit zu hause, haben sie mir erzählt.

ihr zuhause ist ja die sonne, und dort ist es schön hell und warm und kuschelig. von so viel sonnenmutterliebe werden auch die allerklitzkleinsten sonnenstrahlenbabies ein ganzes stück größer, damit sie im nächsten jahr mit auf die erde können.

das ist wichtig, denn im winter schaffen es sowieso nur die ganz großen erwachsenen und allerlängsten sonnenstrahlen bis zu uns auf die erde.

das kommt, weil die erde zwei hälften hat. eine obere hälfte, da wohnen wir. und eine untere hälfte, da wohnen andere leute. am äquator sind die beiden hälften zusammengewachsen. das ist gut so, weil dann können sie sich immer gegenseitig schwung geben, wenn eine mal ein bißchen schlapp macht.

schließlich müssen sie sich die ganze zeit umeinander drehen, damit wir tag und nacht haben. wenn wir nicht tag und nacht hätten, könntest du niemals bei vollmond über deinen eigenen schatten springen. so ist das.

wenn der sommer also schön warm und sonnig war, dann sagt unsere obere erdhälfte: „puh ist mir heiß! ich schwitze ja schon. jetzt reicht es für ein weilchen! ich ziehe mich zurück und will es mal ein bißchen kühler haben.“ - zack! und dreht sich von der sonne weg.

dann wird es bei uns kälter und wir kriegen winter, weil der abstand von der sonne zur erde so groß geworden ist, dass nur noch die allerallerdicksten großen sonnenstrahlen den langen langen weg von der sonne bis in unsere weinberge schaffen. und das auch nicht jeden tag.

da wollen sie die kleinen sonnenstrählchen lieber nicht dabei haben aus angst, dass sie es nicht bis zur erde schaffen. sie wissen ja auch nicht, wann sie wiederkommen, um ihre sonnenstrahlenkinder notfalls wieder abzuholen.

das kann ja mal ein paar tage dauern. wegen der vielen winterwolken. das wäre dumm, falls die sonnenstrahlenkinder an den winzerdrähten hängen, vor lauter glück ein mittagsschläfchen halten und womöglich den rückweg verpassen.

deswegen schickt die sonne die sonnenstrahlenkinder in unserer winterzeit lieber auf die untere hälfte der erde. weil die dann näher an der sonne ist und besser zu erreichen. da wird es dann der erde untenrum schön sommerlich warm! das ist gut, denn die leute auf der unteren hälfte mögen ja auch gerne reife weinbeeren essen. oder kiwi.

wenn unsere obere erdhälfte sich genug abgekühlt hat und ihr vor lauter eis und schnee schon selbst ganz schnatterkalt ist, dann tauschen die zwei wieder: die untere hälfte geht sich abkühlen, und die obere rückt näher an die sonne ran, um sich aufzu­wärmen. wir nennen das frühling, und unsere tage werden wieder länger und heller.

dann kommen auch die sonnen­strahlenkinder wieder öfter mit auf unsere obere erdhälfte und lassen neue weinbeeren vor lauter glück und wärme kugelrund und süß werden! und anderes obst natürlich auch.


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Mittwoch, 22. Dezember 2010

weihnachtskuchen

zwischen marzipanstollen und dominolebkuchen mal schnell mein lieblingsobst: apfelkuchen habe ich gebacken zur feier der wintersonnenwende. weil ab heute die tage nicht mehr kürzer werden. mehr als dreißig kerzen leuchten mir die dunkelste nacht des jahres, hell und warm.


wegen der optik nehme ich für meinen weihnachtskuchen ungeschälte rote äpfel. innen gelb, das macht den kuchen sonnig. für den teig feines dinkelmehl, ein freilaufendes hühnerei und gute butter, etwas zucker und sonst nix.

frohes fest!


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Sonntag, 19. Dezember 2010

keine kraft mehr

kurz nach der eröffnung meines büros für besondere maßnahmen (juli 2009) machte ich mir gedanken, wieviel output ich hier produzieren möchte und kann. eine kolumne in der woche, war mein fazit.

ministövchen: o-ton berlin
rosentasse mit goldrand: nathalija dolenc


das ging lange gut. zwischendurch gab es zusätzlich zu den ‚besonderen‘ sogar ‚kurze maßnahmen‘. weil mir die zeit zwischen zwei längeren texten zu lang wurde. weil so viel raus wollte ins WeltWeiteWeibernetz.

seit dem sommer an der see schaffe ich meine wöchentlichen maßnahmen nur noch mit mühe. dieser klinikaufenthalt liegt nun schon mehr als ein vierteljahr zurück. immer noch bin ich nur damit beschäftigt, irgendwie wieder festen boden unter die füße zu kriegen.

es gelingt mir nicht. ich fühle mich entsetzlich verloren. genau jetzt sollte ich aber fleißig texte produzieren. mein blog steht wieder auf der vorschlagsliste der mädchenmannschaft zur bloggerin des jahres.

es ehrt mich, dass mich wer vorgeschlagen hat. ich freu mich. das tut gut. schmeichelt mir ein bißchen. die mädchenmannschaft ist eine wichtige seite, macht gute arbeit, ist unverzichtbare informationsquelle und diskussionsplattform geworden.

gleichzeitig setzt es mich unter druck, besonders attraktive, gute und womöglich ‚publikumswirksame‘ maßnahmen produzieren zu müssen. das war schon im frühjahr so, als ich auf der vorschlagsliste stand für den grimme online award 2010.

nun ist so eine vorschlagsliste ja noch sehr weit entfernt von einer nominierung. die ehre, den preis dann auch zu erhalten, ist erst recht noch lange nicht in sicht. trotzdem fühle ich mich verpflichtet, dem vorschlag gerecht zu werden und die erwartungen – von wem auch immer – nicht zu enttäuschen.

das gefällt mir nicht. es nimmt mir die unbefangenheit, jetzt auch einfach mal in aller ruhe nichts zu produzieren. ausgerechnet jetzt, wo ich mich am liebsten in den winterschlaf kuscheln möchte. na ja. irgend was is‘ eben immer.

als kind hatte ich ein buch über die mumins von tove jansson. was habe ich diese kleinen wesen damals geliebt! und ich habe sie sehr beneidet: mumins dürfen sich kurz vor dem einbruch des winters den bauch kugelrund voll futtern mit tannennadeln. dann suchen sie sich ein weiches warmes dunkles plätzchen irgendwo im haus, legen sich schlafen und werden erst im frühling wieder wach, wenn draußen die ersten blümchen blühen.

ich beneide sie immer noch, meine mumins. von jahr zu jahr mehr. von jahr zu jahr erscheint mir der winter dunkler. länger. kälter. feindseliger. schwieriger auszuhalten.

in dieser jahreszeit stelle ich meinen geliebten, meinen heiligen milchkaffee auf ein kleines stövchen, damit er nicht zu schnell kalt wird. trotzdem muss ich ihn schneller trinken als sonst. stövchenkaffee schmeckt bitter, wenn er zu lange auf der flamme steht.

ihr seht, ich trinke weiter milchkaffee und halte mich wach – obwohl ich mir viel lieber auch den bauch mit tannennadeln vollschlagen, mich in eine dunkle warme ecke zurückziehen und meine nase erst dann wieder unter der bettdecke rausstecken möchte, wenn draußen frühling ist und die krokusse blühen und die primeln.

leider ist es mir nicht gelungen, mich von den mumins adoptieren zu lassen. also muss ich da durch. bei lebendigem leib. jahr für jahr.

dieses jahr fällt es mir besonders schwer. es ist die kälte, die von innen kommt. der frühe winter lässt mich umso mehr von außen frieren.

mein zwanzigzehn war entsetzlich anstrengend. dabei hatte ich mich - ganz tigresse - so gefreut auf das jahr des tigers und war mit großem mut gestartet.

ab neujahr die neue arbeitsstelle als sekretärin an der hochschule – die ich dann ende juli aufgeben musste, weil ich es schier nicht ausgehalten habe dort und weil es mich so sehr belastet, so sehr krank gemacht hat.

danach sechs wochen reha, um die ich mehr als drei jahre gekämpft und auf die ich mich so sehr gefreut hatte: es war alles falsch. ich kam kranker zurück als ich hingefahren bin und habe seither meine mitte nicht wieder gefunden. i feel so lost. und so durcheinander.

nicht einmal einen abschlussbericht habe ich hingekriegt über diese seltsamen sechs wochen in der ostseeklinik und poste seither nur noch petitessen. so vieles purzelt mir im kopf herum und in der seele. aber nix scheint geordnet rauszuwollen. es ist, als ob ich innerlich ersticke an meinen eigenen gedanken und gefühlen. wir drehen uns im kreis.

ich schleppe mich durch meinen prekären alltag, alles kostet so viel kraft. keine ahnung, wie das jemals wieder besser werden soll. kein mut mehr. keine hoffnung. ich bin schon froh, wenn ich nur meinen haushalt einigermaßen ‚gedingelt‘ kriege.

an manchen tagen ist schon das zähneputzen so dermaßen anstrengend, dass ich mich danach gleich wieder hinlegen möchte. das erlaube ich mir allerdings selten und hänge statt dessen unproduktiv vor dem pc. das sieht wenigstens so aus, als ob ich arbeite.

nur der katzencontent gelingt regelmäßig. könnte nicht mal wer diese seite für einen preis vorschlagen? das äuglein ist ja auch ein mädchen, immerhin. ein sehr flauschiges nämlich.

2011 wird das jahr der katze. so viel steht schon mal fest.


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Freitag, 10. Dezember 2010

karamelengel in freiburg

wenn über nacht alle gullideckel zugeschweisst und absperrgitter quer durch die fußgängerzone der mitteralterlichen altstadt gezogen werden, wenn die wurstbraterInnen auf dem münsterplatz ihre traditionelle rote nur noch an polizistInnen verkaufen, wenn straßenbahnen nicht mehr fahren und das volk nicht mehr durchkommt, dann ist gipfeltreffen in freiburg!

duftende orchidee: ornithorhynchum

es treffen sich die höchsten gewählten volksvertreterInnen des eigenen und des befreundeten nachbarlandes, karamelengel* meets croissant auf dem weihnachtsmarkt der selbsternannten breisgaumetropole – neudeutsch für "mitten in der provinz".

sie heißen angela merkel und nicolas sarkozy. warum sie ausgerechnet in freiburg über ihre wirtschaftliche zusammenarbeit reden müssen, wird nicht mitgeteilt. die beiden allein wären ja noch auszuhalten. aber beide haben ganze säcke voller pickeliger pfefferkuchenmänner im schlepptau.

hoffnung ist angesagt, denn das schmelzhochwasser der dreisam „will düstere woge“* sein und eitle aussenminister einfach fortspülen. mögen sie allesamt auf dem schlüpfrigen kopfsteinpflaster, das über nacht frisch mit schnee bepudert, aber rechtzeitig und mehrmals am frühen morgen und späten vormittag flott wieder sauber gefegt wurde, nicht allzusehr ausrutschen - weder physisch noch diplomatisch.

ich selbst habe von dem sogenannten hohen besuch in der stadt nur den stau mitbekommen, den ich glimpflich umschiffen konnte: alle termine pünktlich absolviert.

aber mittenrein ins getümmel, ständig den pass vorzeigen und womöglich mehrfach durchsuchen lassen, um eine „krücke im faulen arsch“* und andere „klare mängel“* zu besichtigen? das tu ich mir nicht an. deswegen gibt es von mir an dieser stelle auch kein beweis-, sondern ein duftiges blümchenfoto.

heute also weder politik noch prominenz im büro für für besondere maßnahmen.


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„karamelengel“, „klare mängel“, „will düstere woge“ und “crook in lazy ass“ sind anagramme. bitte selbst auflösen.


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