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Montag, 18. März 2013

ich bin heldin

endlich einmal eine gute nachricht! 

große freude, dankbarkeit und stolz waren meine reaktionen auf die nachricht, dass ich von der verlegerin Renate Blaes  zur heldin ernannt worden bin. sie hat in ihrem blog eine wunderbare laudatio über mich geschrieben. beim lesen bin ich fast kein bißchen rot geworden. das kann und will ich nicht unkommentiert in den unendlichen weiten des internets verloren gehen lassen!

Die 3-fach lächelnde Heldin: Linzertorte

seit mehr als zwei wochen drehe und wende ich eine antwort in meinem kopf, die mehr ist als ein simples "dankeschön".

an dieser stelle halte ich ein interview mit mir selbst für angemessen. drei fragen an eine heldin ....


1) wie es für dich, heldin genannt zu werden?
erst einmal ist das total ungewohnt. wenn meine mutter mich früher so nannte, dann war das garantiert ironisch und sehr abwertend gemeint. als erstes gucke ich also an mir herunter und frage mich „was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht?“ - als ich dann aber die laudatio gelesen habe, und die ist so liebevoll, da war ich ganz gerührt und habe versucht, diese anerkennung vorsichtig anzunehmen und ganz langsam zu lutschen wie ein honigbonbon.
mittlerweile freue ich mich einfach, dass da jemand ist, die zu würdigen weiß, wie anstrengend das leben sein kann und welche kraft es braucht, das leben bei lebendigem leibe auszuhalten, ohne betäubungsmittel, ohne wieder in süchtiges verhalten abzugleiten - und mir das auch sagt. dafür bin ich sehr dankbar!
dann sagt sie es ja nicht nur mir, sondern ganz öffentlich der ganzen welt. da musste ich auch erst einmal tief luft holen. aber es ist tatsächlich ein starkes stück, nicht rückfällig zu werden weder mit alkohol noch mit nikotin, trotz all der katastrophen in meinem leben. ich bin stolz darauf, dass mir das gelingt, und dankbar für die anerkennung.

2) ganz allgemein, wie würdest du den begriff der heldin definieren?
eine heldin - das ist für mich eine, die authentisch ihren eigenen weg geht. eine, die sich ihren eigenen lebens-sinn stiftet bzw. stiften muss, weil das, was die gesellschaft an sinn und zweck für sie bereithält, ihrem persönlichen sein nicht entspricht. die es sich nicht leicht macht und auch eher unbequeme wege geht - die es aber gleichzeitig auch aushält, für andere unbequem zu sein. dafür braucht eine frau große innere stärke und sehr viel mut. heldin sein bedeutet: ein hohes maß an ethischer verantwortung übernehmen.

heldin sein ist für eine frau ja noch eher ungewöhnlich. historisch gesehen ist der begriff des helden den männern vorbehalten. männer haben schlachten gewonnen und drachen getötet - und wurden für ihre heldentaten mit einer prinzessin belohnt.

frauen kämpfen im allgemeinen nicht auf kriegsschlachtfeldern. unsere heldinnentaten sind andere.
die gesellschaft geht stillschweigend davon aus, dass frauen ihre alltagsdrachen erledigen, ohne großes lob zu erwarten und erst recht keinen prinzen als belohnung. frauen sind - auch heute noch - viel zu selten der rede wert. gerade in der deutschen sprache können bzw. müssen wir ein lied davon singen, und das heißt nicht 'lobet den herrn'.
eine heldin ist nicht nur, wer sich selbstlos aufopfert für andere, wer zur märtyrerin wird. das ist schon fast leicht, weil es überall, wie automatisch, sehr viel anerkennung findet. „nächstenliebe“ bringt eine menge honigbonbons fürs ego, und ist damit in unserer christlich geprägten gesellschaft eine der wenigen erlaubten formen von weiblicher selbstliebe. frauen dürfen als heldin nicht egoistisch sein, dürfen nicht auch für eigene ziele kämpfen. das ist ein ziemlich verdrehtes, moralinsaures idealbild, das für echte heldinnen nicht taugt, weil es frauen in ihrer entwicklung behindert.

für den heldischen mann hingegen ist es völlig selbstverständlich, dass er mit seinen heldentaten auch egoistische ziele verfolgt: er kämpft für mehr persönliche macht, für mehr persönlichen reichtum, für größeren einfluss, für ein höheres einkommen - und alle finden das legitim. aber wehe, eine frau gibt zu, dass sie für die verbesserung ihrer persönlichen materiellen situation kämpft. dann gilt sie als selbstsüchtige, gewissenlose intrigantin - aber keineswegs als heldin! dann ist sie nicht mehr prinzessin, sondern hexe.

heldin zu sein, das bedeutet für mich vor allem, gemäß meiner möglichkeiten meine potentiale voll zu entfalten und für eigene ethische ziele zu kämpfen. widerstand kommt da gar nicht mal immer nur (aber oft) von männern, sondern leider auch von frauen, die es nicht ertragen, wenn eine aus dem krabbenkorb entkommen und besser sein will als die anderen - weil sie es eben kann.

frauen müssen heutzutage an so vielen fronten stark sein, dass das töten von drachen dagegen wie ein kindergartenspiel für kleine jungs aussieht. wir sollen stets perfekt sein als frau, liebhaberin, ehefrau, freundin, mutter, tochter, angestellte, chefin, kollegin, freischaffende, haushälterin, putzfrau, pflegerin - all das am besten gleichzeitig und noch dazu schlank und makellos dem aktuellen schönheitsideal entsprechend, dass es in meinen augen schon eine heldinnentat ist, diesen unmenschlichen druck im alltag unbeschadet und in würde zu überstehen, ohne sich selbst oder andere zu verletzen, ohne den enormen druck auf andere abzulassen. wer da abends noch den eigenen namen kennt und weiß, wer sie ist - ohne sich verbogen zu haben - die ist heldin.

ganz und gar, mit jeder zelle authentisch zu sein (bzw. erst einmal zu werden und dann zu bleiben) ist die grundvoraussetzung einer heldin. weil schon allein diese haltung auf andere abstrahlt und sie ermuntert und ermutigt, nicht aufzugeben. das gelingt mir nicht immer. aber ich gebe mir mühe. wenn ich dann ab und zu noch energie habe, diese kraft auch für andere einzusetzen, bin ich super-heldin.

3) in welchen lebensbereichen fühlst du dich als heldin?
als alkoholikerin bin ich seit bald 14 jahren abstinent. angesichts meiner oft schwierigen lebensumstände, die sich in dieser zeit nicht verbessert, sondern sehr konkret sehr verschlechtert haben, bin ich da meine eigene heldin.
darüber hinaus bin ich seit mehr als 10 jahren aktiv in der sucht- und rückfallprophylaxe. unter meinem echten namen. ich fürchte, das hat sehr dazu beigetragen, dass ich beruflich keinen fuß mehr in irgendeine tür bekommen habe, dass man mir nichts mehr zutraut. das stigma der "versoffenen schlampe" ist groß - auch wenn ich die niemals war. vorurteile sind hartnäckig, die sanktionen frauen gegenüber sind immer noch härter als bei männern. ich habe damals einfach nicht damit gerechnet, dass es mir nachteile bringt, wenn ich mit meiner überwundenen sucht offen umgehe als kompetente fachfrau in eigener sache. es ist erschreckend, wie ignorant und rückständig manche menschen in dieser hinsicht immer noch sind.

heldin sein bedeutet nicht nur, stark und irgendwie "besser" zu sein als andere - sondern auch rückschläge einzustecken, missgunst zu ertragen und gegenwind auszuhalten. das ist vielleicht das schwierigste daran. weil mich das schon im „echten“ leben sehr viel kraft kostet, bin ich in diesem weblog immer noch anonym. die anonymität ist ein schutz, der - so seltsam das klingt - meiner inneren heldin die existenz erleichtert.

falls ihr weitere fragen habt, könnt ihr mir die unten in den kommentaren stellen. ich werde dann darüber nachdenken und gerne noch das eine oder andere beantworten.


ps.
der tag der heldinnen am 8. und 9. märz 2013 war kein offizieller, sondern als werbewirksamer hinweis aufs eigene programm proklamiert vom TV-sender sixx, dem „frauenfernsehen“ aus dem hause prosiebensat1.

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Sonntag, 3. März 2013

sweet thoughts


besondere maßnahme no. XXVII

„… auf meinem Nachttisch steht ein Schokoladenhase,
traurig und allein.
Ich weiß ihm nicht zu helfen
und stopf ihn in mich rein ...“
(Element of Crime, CD An einem Sonntag im April, 1994)


ich denke, also bin ich.

wenn ich denke, dann meistens mit dem kopf. genauer: mit einigen arealen meines im kopf befindlichen gehirns. mein gehirn kann auch noch anderes. gucken zum beispiel - mit hilfe der augen. oder horchen - mit den ohren. da sind die „instrumente“ offensichtlich.

Schokoladenhase Gold Edition

auch denken tut mein gehirn nicht einfach so. aber man sieht ihm nicht direkt an, dass es dazu zucker braucht. und zwar traubenzucker. in reinform. etwas anderes lässt es als gedankentreibstoff gar nicht zu. dazu hat es die blut-hirn-schranke. damit hält sich das gehirn unnützes zeugs wie vitamine und ballaststoffe vom leibe. höchstens alkohol oder koffein lässt es mal noch durch.

deswegen essen wir zum beispiel in prüfungen diese gepressten traubenzuckerwürfel. das ist erlaubtes gehirndoping, damit wir schneller denken können. traubenzucker hilft auch bei langen autofahrten, die konzentration zu bewahren. deswegen ist zucker mein ständiger beifahrer im handschuhfach. je nach jahreszeit und witterung abwechselnd in form von traubenzucker, schokolade, fruchtgummi oder auch schon mal getrockneten früchten. mein auto hat weder klimaanlage noch garage. schokolade geht da nicht immer.

natürlich ist es auch möglich, das gehirn durch die ausreichende zufuhr sonstiger kohlenhydrate in gang zu halten. unser genialer stoffwechsel dingelt das schon: er wandelt pasta oder pflaumenkuchen zuverlässig in traubenzucker um. exclusivement fürs kombinierkäschtle. leicht zeitverzögert, versteht sich.

wenn das gehirn „zuckersüß“ schmeckt, dann erwartet es auch zucker. und zwar in echt. nicht irgendeinen ersatz, der es gar nicht über die bluthirnschranke schafft.

aus süßungsmitteln wie aspartam oder steevia aber kann auch der beste stoffwechsel keinen traubenzucker produzieren. das gehirn lässt sich da nicht betuppen!

solcherlei täuschungsmanöver sind sehr ungesund, weil sie nicht nur den kopf, sondern auch das darmhirn unabsehbar durcheinander bringen. das kann sehr schädliche folgen haben. es geht niemals nur um die zufuhr abgezählter kalorien - auch wenn manche „ernährungsexperten“ das behaupten. so ein „beschiss-zucker“ kommt mir nicht ins haus!

erst recht nicht, weil zucker auf wundersame weise die serotonin-produktion ankurbelt und damit eine leicht antidepressive wirkung hat. schon allein deswegen brauche ich im winter mehr schokolade als im sommer. wie gut, dass das mit den „schokolade-im auto-transport"-kompatiblen temperaturen jahreszeitlich korrespondiert! kein wunder, dass low-carb-diäten auch depressiv machen können.

auch zu hause ist schokolade das denkschmiermittel meiner wahl. da brauche ich gar nicht meine traurige kindheit bemühen, in der die schokolade im lila papier zwar ständig verfügbar, aber entsetzlich streng rationiert war. gerade so, als ob meine mutter nicht gewollt hätte, dass ich schneller denke. nur am rande: das wollte sie wirklich nicht: "kind, zieh nit immer die stirn esu kraus!" - weil das bleibende falten macht.

zurück zum thema:
ich bin ein denkender mensch, also brauche ich zucker.

allein ballaststoffreiche rohkost hilft mir da nicht weiter. ich esse, was mir schmeckt und setze wie auch sonst im leben auf eine milde wilde mischung. meine ernährung ist dann ausgewogen, wenn sie mich stark, schön, schlau & glücklich macht.

wenn ein goldiger schokoladenhase all diese bedingungen an einem nebligen märzensonntag erfüllt, dann kommt er mir als besondere maßnahme gerade recht.


dieser text ist ein beitrag zu Sabienes blogparade „Mahlzeit - zuckersüß“.



ps.
für die fundierten informationen zu lebensmittelchemischen prozessen im gehirn und sonstewo danke ich Udo Pollmer und dem EULE e.V.
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