Achtung. Achtung. Achtung.
Wir sind umgezogen!

Januar 2021

Das Büro für besondere Maßnahmen ist ab sofort erreichbar auf mojour.de

Nach und nach werden alte Beiträge – ggf. aktualisiert und überarbeitet – dorthin umziehen. Bitte folgen ... :-)

Donnerstag, 5. September 2013

dos 14

im leben einer alkoholikerin ist der erste nüchterne tag sehr wichtig, erst recht, wenn er in ein lange zeit alkoholfreies leben führen soll. im allgemeinen weiß eine das erst hinterher, für WIE lange. bei mir werden es heute vierzehn jahre.

archivbild: leicht verkatert, aber genußfreudig
 (*, **)

manche nennen diesen tag ihren „zweiten geburtstag“. für mich passt das nicht, denn ich bin nicht ein zweites mal geboren. ich war vorher nicht tot und auch nicht lebensunfähig. mein geburtstag bleibt mein geburtstag, das war eine einmalige angelegenheit.

ich nenne diesen jahrestag heute meinen „dry day“. gestern vor 14 jahren habe ich wissentlich und willentlich die letzten alkoholhaltigen getränke zu mir genommen, in bester gesellschaft und zu einem phantastisch leckeren essen: einen feinen brut d'alsce, den heiteren sancerre. einen soliden hennessy zum schluss. lecker war's. adieu.

dass ich nie wieder damit angefangen habe, trotz bisweilen ziemlich widriger lebensumstände, dazu muss ich mir mal kurz selbst auf die schulter klopfen.

ich habe damals aufgehört, weil ich mir im spiegel wieder grade in die augen sehen können wollte.
meiner würde wegen.
weil ich so manches so satt hatte.
dass ich mich nicht mehr auf mich selbst verlassen konnte, zum beispiel.

aber es scheint, als sei mein leben auf eine schiefe bahn geraten. just in dem augenblick, als ich beschloss, straight & sober zu sein, um endlich mich und mein leben zu retten.

als ich noch alkohol trank,
war ich beruflich erfolgreich, hatte ich eine sichere wohnung, einen schönen mann, ein eigenes auto.
ich war körperlich fit, habe viel gelacht, und das leben war leichter.

jetzt trinke ich keinen alkohol mehr,
bin schon lange nicht mehr beruflich erfolgreich,
und habe satte 20 kg zugelegt.
die wohnung ist nicht mehr sicher, auch nicht mein 'zuhause',
der schöne mann längst fort,
das auto .... naja. wenn es denn die bezeichnung noch verdient - wird nächste woche 20.

mir ging es noch nie so schlecht in meinem leben - gesundheitlich, finanziell, seelisch, menschlich – wie im letzten jahrzehnt. ich habe keine ahnung und auch nicht mehr viel hoffnung, dass und wie das jemals wieder besser werden soll. von 'gut' wage ich schon gar nicht mehr zu sprechen.

ohne es zu wollen, bin ich in diesen 14 jahren ohne alkohol eine dicke, einsame, mittellose und verbissene alte geworden. eine richtig schlechte partie. manchmal weiß ich wirklich nicht, wozu ich überhaupt noch auf- oder die nächsten fünf minuten überstehen soll.

nur die würde, die mir aus dem alkoholfreien leben erwächst, die habe ich mir bewahren können. auch wenn das jobcenter seit jahren alles ihm mögliche veranstaltet, um mir auch das noch zu nehmen.

meine würde ist ein verdammt trocken brot.


*
ich löffle ein eis. und ich trage diesen schicken weißen taxifahrer-handschuh, weil ich im sommer eine sonnenallergie an den händen habe ....

**
das copyright für dieses foto gehört ausnahmsweise mal nicht mir, sondern jemandem, den ich grade nicht um erlaubnis fragen kann. hey CR, falls dich das bild hier nervt, just tell me.
--------
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...